Assistierter Suizid

Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebungsaktivitäten

Mit Urteil vom 26. Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das im Jahr 2015 eingeführte Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe (§ 217 StGB) für verfassungswidrig.
Seither können sich Sterbewillige in Deutschland zwar legal professionelle Hilfe bei Organisationen holen. Es bleibt den Vereinen aber selbst überlassen, wie sie die Sterbehilfe im Einzelnen regeln.
Das hat zu großer Rechtsunsicherheit geführt. Klar ist nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts nur, dass es sich nur dann um einen assistierten Suizid handelt, wenn der Suizident Tatherrschaft hat. Er muss die Infusion selbst aufdrehen. Sonst machen sich Sterbehelfer strafbar.


Große Unklarheit herrschen u.a. über das Prozedere im Einzelnen und darüber, welche Mittel eingesetzt werden dürfen. So wird es insbesondere von Verwaltungsgerichten und dem
Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dass Ärzte sterbewilligen Patienten bestimmte
Betäubungsmittel, die, wie z.B. Natrium-Pentobartibal, nach dem Betäubungsmittelgesetz gar
nicht oder nur zu Heilzwecken verschrieben werden dürfen, zum Zwecke der Suizidassistenz verschreiben; zuletzt Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) am 2.2.2022 in drei Verfahren (Az.: 9 A 146/21, 9 A 147/21 und 9 A 148/21).


Die Suizidassistenz, bei der Sterbewilligen tödliche Medikamente überlassen werden und die zu unterscheiden von der aktiven Tötung auf Verlangen ist, wird seit dem Urteil wieder kontrovers diskutiert. Inzwischen plädieren auch evangelische Theologen für die Möglichkeit, assistierten Suizid auch in kirchlichen Häusern nicht komplett auszuschließen.

Zur Erlangung von Rechtsunsicherheit wird ein Sterbehilfegesetz gefordert. Im Moment gibt es mehrere Gesetzesentwürfe, z.B.

  • Gesetzentwurf der Grünen-Abgeordneten Renate Künast und Katja Keul
  • Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidbeihilfe einer fraktionsübergreifenden Initiative im
    Bundestag; vorgestellt durch die Bundestagsabgeordneten Helling-Plahr (FDP), Dr. Karl
    Lauterbach (SPD), Dr. Petra Sitte (Linke), Swen Schulz und Otto Fricke bei der Bundespressekonferenz am 29.1.2021.
  • Fraktionsübergreifender Gesetzesentwurf einer Gruppe von Parlamentarier aus SPD, FDP, Grünen, Union und Linken, vorgestellt im Januar 2022. Darin soll die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid grundsätzlich wieder unter Strafe gestellt werden. Ausnahmen soll es nur unter engen Bedingungen geben. Zudem fordern die Abgeordneten eine Stärkung der Suizidprävention in Deutschland.